Jost Trier, Der heilige Jodokus, Sein Leben und seine Verehrung, zugleich ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Namengebung, Breslau 1924; 2. Nachdruck des Georg Olms Verlags 2007
Jost Trier, Der heilige Jost in Hessen und Thüringen, in Volk und Scholle, Darmstadt 1924, S. 139-142
Jost Trier, Patrozinienforschung und Kulturgeographie, in Historische Zeitschrift Nr. 134/1926 S. 319-349
Interview mit dem Sohn von Jost Trier:
Jost Trier (1894-1970) hat mit dieser Arbeit 1923 in Freiburg i. Br. promoviert. Er machte anschließend eine große Karriere als Sprachwissenschaftler und gilt bis heute als Vater der "Wortfeldtheorie". Eine "Stichprobe" bei google.de bringt eine überraschende Fülle.
Dass Jost Trier ein Buch über einen Heiligen geschrieben hat - man vermutet unter dem Titel selbstverständlich eine Hagiographie -, führt uns sofort zu falschen Vermutungen. Er ist nicht katholisch, wie man vermuten würde, sondern stammt aus einem evangelischen Elternhaus in Schlitz (zwischen Marburg und Gießen). Sein Vater ist praktischer Arzt. Am Ende seines Studiums, das unterbrochen wird vom 1. Weltkrieg mit Gefangeschaft, wählt er für seine Dissertation einen völlig unbekannten Heiligen. Unsere private Vermutung, dass Jost Trier über seinen Namen zu diesem Thema gekommen sein könnte, hat überraschend sein Sohn Bendix Trier in einem Interview 1993 (Jost Trier, Leben, Werk, Wirkung, Hrsgg. von Werner Zillig S. 33) bestätigt:
"Mein Vater hat mir mal erzählt, er habe lange nicht gewußt, was er eigentlich für eine Doktorarbeit schreiben solle. Und als es soweit war, daß es nötig wurde, sich zu entscheiden, haben mein Vater und Prof. Dr. Stückelberg über ein mögliches Thema nachgedacht. Schließlich hat sein Lehrer gesagt: 'Ja, da schreiben Sie doch einfach mal über Ihren Namen, also den Heiligen Jodocus' und das hat mein Vater dann gemacht."
Seine Dissertation wird nicht von der theologischen, sondern von der philosphischen Fakultät angenommen. Sein Marburger Lehrer Friedrich Vogt nimmt die Arbeit in die Reihe der "Germanistischen Abhandlungen" auf. Die Fachwissenschaft nahm Triers Arbeit überwiegend mit viel Lob auf (vgl. a.a.O. S. 32):
"Seither steht fest, daß Hagiographie, Patrozinienforschung und Namenkunde im Rahmen einer methodisch streng betriebenen Kulturgeographie zusammenarbeiten können. In der Erhärtung dieser Tatsache liegt die grundsätzliche Bedeutung des Buches."
Jost Trier starb nur wenige Tage nach seiner Frau am 15. September 1970. Vielleicht kennzeichnen sein Lebenswerk ein paar Sätze aus der Grabrede, die einer seiner Fachkollegen, Friedrich Ohly, stellvertretend für seine Fachkollegen hielt, als Trier im Familiengrab in Schlitz begesetzt wurde:
"Die Philosophische Fakultät der Universität Münster gedenkt dankbar eines ihrer großen Männer. Unverwechselbar, ein Gelehrter von Rang, ein Meister der Sprache und Lehre, stand er in unserer Körperschaft, deren Reihendienst er ernst nahm. Er war ihr Dekan, der Erbauer ihres zerstörten Hauses, ein Wahrer ihres Geists. Sein sachenvolles Wort wog schwer. Vom Geschliffenen bis in Prächtige reichend, zog er fünundsiebzig Semester das Auditorium in Bann. Seine anschaubaren Ideen standen und stehen der weiten philologischen Disziplin vor Augen. Wiewohl er in Münster blieb, reicht sein Ansehen in die Welt. In unserer Gelehrtenrepunblik aber hat er die heimliche Krone getragen. So umgab ihn Verehrung und Scheu..."
So kostbar und unersetzlich das Buch von Jost Trier über Jodok ist, so gilt festzustellen, dass er in dieser Richtung nicht mehr weiter gearbeitet hat. Die Patrozinienforschung gab er auf. Sein Buch muss deshalb als Sprungbrett in eine andere, sprachwissenschaftliche Karriere gewertet werden. Amüsant ist in diesem Kontext noch die Bermerkung seines Sohnes aus obigem Interview:
"Mein Vater hat diese Arbeit verfaßt, mit dem Erfolg, daß er zunächst einmal promoviert wurde, aber zum zweiten, daß er überall als katholischer Theologe angesehen wurde. Da ist er in die falsche Schublade geraden. Über den Heiligen Jodocus konnte man eigentlich nur als katholischer Theologe schreiben, und daß er das Ganze mehr volkskundlich aufgezogen hat, das sieht man ja erst, wenn man die Arbeit gelesen hat."